Äîêóìåíò âçÿò èç êýøà ïîèñêîâîé ìàøèíû. Àäðåñ îðèãèíàëüíîãî äîêóìåíòà : http://www.philol.msu.ru/~germanic/neuheit/wolf2013.pdf
Äàòà èçìåíåíèÿ: Mon Nov 4 16:24:11 2013
Äàòà èíäåêñèðîâàíèÿ: Fri Feb 28 10:52:34 2014
Êîäèðîâêà:
JÝrgen Wolf (Marburg)

AnfÄnge deutscher Schriftlichkeit
· Vorboten
­ Wulfila und die Goten ­ Runen

· Althochdeutsche AnfÄnge
­ Beispiel St. Gallen ­ Beispiel Reichenau ­ Beispiel Fulda
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Vorgeschichte: Zerfall des rÆmischen Reichs
PlÝnderung Roms 410; Theoderich ab 491/497 Statthalter in Rom FÝr mehrere Jahrhunderte beherrscht MÝndlichkeit das Zusammenleben. Niedergang der Bildung (Reste des rÆm. Systems Ýberleben in den neuen germanischen Staatsgebilden vor allem in der SphÄre des Christentums) Schriftproduktion nur noch im Kloster und im direkten Umfeld des Herrschers Regionale Zersplitterung des Schriftsystems Schrift spielt nur noch in wenigen Bereichen eine Rolle: - Christentum - Recht / Staatsorganisation (hier dominiert im weltlichen Bereich aber auch das mÝndliche germanische Recht)

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Regionale Zersplitterung

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AnfÄnge germanischer Schriftlichkeit

Ostgoten
Die Ostgoten wurden im Jahr 375 von den Hunnen unterworfen. Foederati Ostroms Erobern 488 unter Theoderich dem Groúen (Dietrich von Bern) Norditalien. Der Sohn des OstgotenkÆnigs Thiudimir (Theoderich), kam als Geisel an den Hof in Byzanz (459­469) und erhielt dort seine BildungsprÄgung. Theoderich fÆrderte vor allem in den Zentren Mailand und Ravenna Kunst und Kultur. Er versuchte durch den Ausgleich zwischen RÆmern (Katholiken) und Goten (Arianer) ein festes neues Staatsgebilde zu schaffen. Der Versuch misslang. Unmittelbar nach Theoderichs Tod (526) zerfiel das Ostgotenreich um 550 unter dem Ansturm der Truppen Kaiser Justinians.
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Exkurs: Arianer vs. Katholiken
Entscheidender Streitpunkt zwischen Katholiken und Arianern ist die Frage der TrinitÄtslehre. Die Arianer lehnen die Vorstellung eines dreigeteilten Gottes ab.
Der Vater allein ist Gott: Er allein ist ungezeugt, ewig, weise, gut, keiner VerÄnderung unterworfen. Gott kann die Welt nicht direkt erschaffen, sondern nur durch einen Mittler, den Logos (= das Wort), der selbst geschaffen wurde, um die Welt zu schaffen. Der Sohn Gottes (Jesus Christus) ist prÄexistent - vor aller Zeit und vor der Welt. Er ist ein Zwischenwesen zwischen Gott und der Welt und das perfekte Abbild des Vaters, aber er ist nicht Gott oder ein Teil Gottes.
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Wulfila-Bibel
Der gotische Bischof Wulfila schrieb mit seinen Helfern die erste germanische Bibel, nachdem er bei der ersten Christenverfolgung aus dem Gotenreich vertrieben und vom rÆmischen Kaiser Konstantius II. im Landstreifen rechts der unteren Donau angesiedelt worden war. Wulfila Ýbersetzte die (griech.) Bibel teils mit Hilfe von von lateinischen und griechischen Missionaren ins Gotische. Nach Quellenberichten arbeitet er ab dem Jahr 350 bis zum Jahre seines Todes 383 an der BibelÝbersetzung. Schriftwerdung der germanischen Sprache!
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Wulfila-Bibel
Wulfila Sog. ,Silberbibel`
(Uppsala, UB: Codex Argenteus )

Datierung: 6. Jh. Ort: Ravenna Purpurpergament mit silberner und goldener Tinte geschrieben.
Online-Faksimile-Ausgabe http://www.ub.uu.se/arv/codex /faksimiledition/contents.html 7

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Wulfila: Vaterunser
Atta unsar thu in himinam, weihnai namo thein. qimai thiudinassus theins. wairthai wilja theins, swe in himina jah ana airthai. hlaif unsarana thana sinteinan gif uns himma daga. jah aflet uns thatei skulans sijaima, swaswe jah weis afletam thaim skulam unsaraim. jah ni briggais uns in fraistubnjai, ak lausei uns af thamma ubilin; unte theina ist thiudangardi jah mahts jah wulthus in aiwins. amen. Vater unser im Himmel, Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tÄgliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und fÝhre uns nicht in Versuchung, sondern erlÆse uns von dem BÆsen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

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Schriftwerdung: Runen
Die rÆm. Capitalis blieb bis ins 5. Jh. die Standardschrift fÝr gehobene Texte / BÝcher. Daneben etablierte sich die Uniziale. Einfachere Texte BÝcher wurden in kursiven Schriftvarianten (auch schon Minuskelschriften) aufgezeichnet.

Daneben entwickelten sich regionale Sonderformen. Die auúergewÆhnlichste Formen sind im Norden: R u n e n
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Herkunft
Die Aufzeichnung ,deutscher` Texte beginnt um 500 n. Chr. mit RUNEN. Erste Runenzeichen wurde vermutlich im 1./2. Jh. v. Chr. aus den norditalisch-etruskischen Alphabeten entlehnt. Pate gestanden haben kÆnnten die u.a. fÝr Wachstafeln entwickelten Sonderschriften.

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Ursprungsthesen
Die Norditalienthese versucht die Herleitung der Runen aus mehreren norditalisch-etruskischen Alphabeten, die vom Lateinischen beeinflusst wurden, zu erklÄren. Es gibt 9 unmittelbare ýbereinstimmungen (u, h, k, a, z, s, t, l, o) zwischen diesen Alphabeten. Auch die Einfachschreibung von Doppelkonsonanten sowie die beliebige Schriftrichtung ist vergleichbar.
Literatur/online: Reallexikon der germanischen Altertumskunde 25 (2003), S. 499­596. Kieler Runenprojekt = http://www.runenprojekt.uni-kiel.de/beschreibung/1/default.htm
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Runen Kultzeichen oder Schrift?
Dreifachfunktion: Symbol Laut Zahl = fehu (Vieh, Besitz, GlÝck) = Laut ,f` = Zahl 1 (Buchstabe 1 im futhark)
(Zahlwert = Buchstabenposition im Alphabet)

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Wortbedeutung
Das Wort "Rune" ist eine Wiederaufnahme von Gelehrten aus den letzten Jahrhunderten. Es kam einst in allen germanischen Sprachen vor. gotisch / altsÄchsisch / althochdeutsch = 'runa'. runa/rune (got./ahd./mhd.) = Geraune, Geheimnis giruni (ahd.) = geheime Beratung Mittelhochdeutsch (Lexer/BMZ)
rØne stf. ( II. 794b) geheimnis, geheime beratung od. rede, geflÝster TRIST. TROJ. mit maneger bete rØne bat sie die gote sØne ALBR. 16,347. 24,187. vgl. rØn. gt. runa (rØna?) geheimnis, geheime beratung von w. ru murmeln, brummen, brÝllen (wozu auch lat. rumor), vgl. GSP. 259. FICK2 170. 389. 847 u. rienen. rØne stf. goth. rØna. ahd. rØna Graff 2,523. das geheimniss, das leise sprechen, geflÝster, die geheime berathung. cjw2013 13


Tacitus
Schon Tacitus (um 98 n. Chr.) erwÄhnt in seiner ,Germania` bei der Beschreibung der BrÄuche (Kap. X) notae, die die Germanen benutzen. notae = Zeichen (nicht litterae!)
,,Vorzeichen und Entscheidungen durchs Los messen die Germanen so hohen Wert bei wie nur wenige VÆlker. Das beim Losen Ýbliche Verfahren ist einfach: Von einem fruchttragenden Baum schneiden sie einen Zweig ab und zerteilen ihn in StÄbchen. Diese machen sie durch Einritzen bestimmter Zeichen kenntlich und streuen sie dann aufs Geratewohl, wie es der Zufall fÝgt, Ýber ein weiúes Linnen ... Aufgrund der vorher eingeritzten Zeichen gibt es eine Deutung."
Dt. ýbersetzung z.B. in: Manfred Fuhrmann, Tacitus. Germania. Stuttgart 1971 (Reclam) Online-Ausgabe (AuszÝge, lat./dt.): http://www.gottwein.de/Lat/tac/Germ01.php
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ýberlieferung der Runen
Gesamt: Verbreitung: ca. 6.500 Runeninschriften des 2.-19. Jh.s Schweiz/SÝddeutschland bis Norwegen

Hauptverbreitungsgebiete: Skandinavien England (bis 10. Jh.) (Nord)deutschland (bis 9. Jh.)

5.000 Zeugnisse 100 Zeugnisse 80 Zeugnisse

Hauptverbreitungszeit: - um 400/500-700 (im Zuge der Christianisierung wurde wegen ihrer kultisch-heidnischen Funktion massiv gegen die Runen vorgegangen. Im Norden blieben sie aber auch noch bis ins SpÄtmittelalter im Gebrauch und erlebten in der Neuzeit eine Renaissance!)

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Helm von Negau

(5. Jh. v. Chr.)

h a r i g a s t i t e i v a /// IP ýbersetzungsvarianten: ,Dem Gott Harigast' 'Harigast dem Teiva' 'Eigentum des Harigast, Sohn des Teus, zur dritten illyrischen Hilfskompanie gehÆrend'. Runeninschrift nachgetragen im 1./2. Jh.
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Funktion
Kult/Magie Weihe Nachrichten Memoria vgl. die Beschreibung bei Tacitus insbesondere auf Waffen und wichtigen, kostbaren GegenstÄnden z.B. WÝnsche, (Liebes-)Botschaften, Briefe Die Taten einzelner Krieger wurden auf Runensteinen verewig

Runen waren zunÄchst keine Gebrauchsschrift. Man geht davon aus, dass nur bestimmte Personen die Kenntnis der Runen beherrschten. Diese "Runenmeister" wurden als "Eruler" (erilaR / irilaR) bezeichnet. Als "normales" Alphabet wurden Runen erst benutzt, als der magischkultische Charakter verloren gegangen war (9./10. Jh.). Nach der Christianisierung wurden Runen dann auch z.B. von HÄndlern benutzt, um WarenbestÄnde oder -arten zu kennzeichnen oder Botschaft zu Ýbermitteln (sog. RÇnakefli = Runenbriefe).
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RÇnakefli (Briefe)

Auf RÇnakefli notierten Schriftkundige alle Arten von Nachrichten. In Bergen und in Haithabu hat man Hunderte derartiger ,Runenbriefe` mit KaufvertrÄgen, Liebesbriefen, Verordnungen, GeschÄftstexten gefunden.
cjw2013 18 Literatur: Wikinger Museum Haithabu. Hg. v. Hildegard Elsner. Schleswig 1989.


Skarthi-Runenstein bei Haithabu (Totengedenkstein)

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Althochdeutsch
744 Fulda Sturmius grÝndet im Auftrag des EnglÄnders Bonifatius (aus Wessex) das Kloster 739 Bistum Regensburg Bonifatius unterstellt das alte Bistum dem Papst 724 Reichenau Der Ire (?) Pirminius grÝndet die KlÆster Mittelzell auf der Reichenau, Murbach und Weiúenburg (?) 612 St. Gallen Gallus, ein SchÝler des Iren Columban, grÝndet das Kloster

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AnfÄnge der Althochdeutschen Literatur
um 750 um 750/770 751/68 777 um 780 um 790 um um um um um um um um 790 790 790 800 800 800 800 800 Abrogans (St. Gallen o. Reichenau?) Vocabularius St. Galli (St. Gallen) ahd. Glossen in den Lex Salica o. Malbergische Glossen Hammelburger Markbeschreibung (Fulda) WÝrzburger Markbeschreibung (WÝrzburg) ahd. Isidor (Metz?)
ýbersetzungen u.a. aus: `De fide catholica ex veteri et novo testamento contra Iudaeos'

Baseler Rezepte (z.T. Isidor-ýbersetzung) (Fulda) Paternoster und Credo (St. Gallen) SÄchsisches TaufgelÆbnis (Mainz? Fulda?) Blau = Glossare ahd. Priestereid (Bayern) Rot = Glaube Violett = Recht Freisinger Paternoster (St. Gallen) Wessobrunner Gebet (Wessobrunn) Glossare aus Reichenau, Murbach, St. Paul Samanunga worto cjw2013 o. Hrabanisches Glossar (Regensburg)21


Literatur
Quellensammlungen Stephan MÝller: Althochdeutsche Literatur. Eine kommentierte Anthologie hochdeutscher und niederdeutscher Texte und Glossen des FrÝhmittelalters. Stuttgart 2007. FrÝhe deutsche Literatur und lateinische Literatur in Deutschland 8001150, hg. von Walther Haug und Benedikt Vollmann, Frankfurt 1991. Althochdeutsche Literatur. Eine Textauswahl mit ýbertragungen, hg. von Horst Dieter Schlosser, Berlin 1998. ýberblicke Rosamond McKitterick: The Carolingians and the written word. Cambridge 1989. Wolfgang Haubrichs: Die AnfÄnge. Versuche volkssprachiger Schriftlichkeit im frÝhen Mittelalter (ca. 700-1050/60), 2., durchgesehene Aufl. TÝbingen 1995 (Geschichte der deutschen Literatur von den AnfÄngen bis zum Beginn der Neuzeit I,1).
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Beispiel St. Gallen Zentrum der ahd. Schrift- und Buchkultur
612 Der MÆnch Gallus (aus Irland oder Frankreich), ein GefÄhrte des Iren Columban von Luxeuil, grÝndet an der Steinach eine Einsiedlerzelle. Otmar grÝndet am Ort der Zelle ein erstes Kloster. Das Kloster wird innerhalb weniger Jahre zu einer StÝtze der frÄnkischen Herrschaft. Der frÄnkische KÆnig Pippin der JÝngere veranlasst die EinfÝhrung der Benediktinerregel. Ein Skriptorium wird eingerichtet, wo biblische und wissenschaftliche Texte von hohem Rang angefertigt werden. enge Zusammenarbeit mit dem kaiserlichen Hof Bildungs- und Schulzentrum Ludwig der Fromme verleiht dem Kloster die ImmunitÄt und erhebt es zum Reichskloster (Reichsunmittelbarkeit).
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Abrogans

Benannt ist das Werk nach dem ersten Lemmaeintrag, der auf die ýberschrift folgt. ýberschrift INCIPIUNT CLOSAS EX UETERE TESTAMENTO (Hier beginnen die Glossen aus dem Alten Testament) Erster Eintrag Abrogans. dheomodi

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Abrogans
Der Kodex enthÄlt als Haupttext einen umfangreichen ,Vocabularius (ein lat.-lat. bzw. lat.-ahd. WÆrterbuch) Umfang: 3.670 ahd. WÆrter in Ýber 14.600 Belegen am Schluss ergÄnzt wurde das ahd.`Vaterunser`

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Abrogans
Allgemein gilt der Abrogans als das Älteste erhaltene deutsche Buch. Das wohl um 750 verfasste Original ist verloren. Entstehungsort Wegen durchscheinender bair. Dialektmerkmale wurde von der Forschung das Bistum Freising wÄhrend der Zeit Bischof Arbeos (764-783) favorisiert. In Frage kÄme aber auch St. Gallen. Dorthin gehÆrt die Älteste erhaltene Handschrift (alem. Dialektmerkmale!). Verfasser Evtl. Bischof Arbeo von Freising (brachte er die Vorlage aus Italien mit?) ýberlieferung Original verloren - Erhalten sind 3 jÝngere Abschriften: - St. Gallen, SfB, Cod. 911 (Ende 8. Jh.) - Paris, Bibl. Nat., Cod. lat. 7640 (um 810) Die Pariser Hs. gilt als direkte Abschrift des Originals. Die Hs. wurde wohl um 810 in Murbach oder in Regensburg angefertigt wurde. - Karlsruhe, BLB, Cod. Aug. CXI (Anfang 9. Jh. ­ frÝh auf der Reichenau)
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Wozu Deutsch?

Abrogans und ahd.Vaterunser

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St. Gallen, SfB, Cod. 913: ,Abrogans` Auf die eigentlich leere Seite S. 290 hat ein St. Galler MÆnch zwei runische WÆrter eingetragen (Datierung: ?)

Runen

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Glaubensbekenntnis bilingual lat.-ahd.

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St. Galler Spottvers
Liubene ersazta sine gruz Unde kab sina tohter zu: To cham aber Starzfidere Prahta imo sina tohter uuidere
Liubene setzte sein Weizenbier an Und gab seine Tochter dazu Da kam aber Starzfidere, Brachte ihm seine Tochter wieder

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Beispiel Reichenau
Zentrum der ahd. Schrift- und Buchkultur
724 Der Ire (?) Pirminius grÝndet die KlÆster Mittelzell auf der Reichenau, Murbach und Weiúenburg (?). Pirmin und die ersten MÆnche brachten zur KlostergrÝndung zahlreiche eigene Codices mit. Systematisch wurde durch Abschriften der Aufbau einer umfangreichen Klosterbibliothek vorangetrieben. In der Karolingerzeit, aber auch unter den Ottonen, stand das Kloster in enger Verbindung mit der Reichspolitik. Die äbte hatten Aufgaben am kaiserlichen Hof inne. Sie waren unter anderem hohe Verwaltungsbeamte, Diplomaten und Erzieher der FÝrstensÆhne. 826 In der Abtei wird ein umfangreiches Gedenkbuch angelegt. 830 Um 830 wird auf der Reichenau der Idealplan fÝr das eng verbundene Kloster St. Gallen angefertigt.
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Althochdeutsch auf der Reichenau
Schon in den AnfÄngen der modernen Germanistik ist man auf die reiche ahd. ýberlieferung der Reichenau aufmerksam geworden. Jacob Grimm legte z.B. im Jahr 1830 eine erste Ausgabe der auf der Reichenau entstandenen Murbacher Hymnen vor.
Ahd. auf der Reichenau: ab 724 Ahd. Name der Reichenau ab 750/770 Ahd. Namen/Beginn der NamenÝberlieferung Glossen/Beginn der Glossierung Interlinearversionen (St. Pauler Lukasglossen) Ahd. WÆrter in den Leges Alamannorum 9. Jh. Murbacher Hymnen Regeln, Paternoster Walahfrid Strabo 10. Jh. Georgslied (?) RÄtsel vom Vogel federlos

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Ahd. NamenÝberlieferung z.B. im Reichenauer Schuldregister

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Abecedarium Nor(d)mannicum
Von seinen weiten Reisen brachte Abt Walahfrid Strabo ein altsÄchsisches Runenmerkgedicht mit auf die Reichenau. Das sog. Abecedarium Nor(d)mannicum erklÄrt die Bedeutung jeder einzelnen Rune (St. Galler Codex Cod. 878).

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Abecedarium Normannicum
Text von Reagenzien nahezu zerstÆrt

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Althochdeutsch? In der um 900 von Hatto gegrÝndeten Kirche in Oberzell findet sich an der Nordwand eine ,,Kuhhaut" mit Beschriftung (nach 1000?) Ich wil hie schribvn von diesen tvmben wibvn was hie wirt plapla gvsprochvn vppigs in der wochvn was wirt allvs wol gvdaht so es wirt fÝr den richtvr braht (Ich will hier von den dummen Weibern schreiben; was hier an Blabla die ganze Woche geredet wird, dessen wird gedacht werden, wenn es einmal vor dem Richter steht.)
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Oberzell

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Althochdeutsch in Fulda
Vor allem unter Abt Hrabanus Maurus gewinnt das Althochdeutsche in Fulda stark an Bedeutung. Als Problem hatte sich die sprachliche Kluft zwischen der auf das Latein fixierten Geistlichkeit und den volkssprachigen Laien. Bereits auf der Frankfurter Reichssynode des Jahres 794 wurden LÆsungsmÆglichkeiten diskutiert. Leiten lieú man sich von dem Gedanken, dass es besser sei, in irgendeiner Sprache Ýberhaupt etwas vom Glauben, von Gott zu verstehen, als auf den drei Gottessprachen zu beharren:

Ut nullus credat, quod nonnisi in tribus linguis Deus orandus sit, quia in omnia lingua Deus adoratur et homo exauditur, si iusta petierit.

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Althochdeutsch in Fulda
um 825/850 entsteht auf Veranlassung Hrabans z.B. die sog. ,Fuldaer Beichte`.

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Althochdeutsch in Fulda
Im 10. Jh. werden wohl im Kloster Fulda die sog. ,Merseburger ZaubersprÝche` aufgezeichnet. In den SprÝchen werden zu BeschwÆrungszwecken alte germanische Gottheiten aufgerufen.

Merseburg, Dombibliothek, Hs. 138

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Bilanz
In zahlreichen KlÆstern dient die Volkssprache als Hilfsmittel und kommt wohl insbesondere in der Schule und bei den glaubenspraktischen GrundÝbungen (Gebet, Seelsorge, Predigt) zum Einsatz. Sprache der Schriftkultur und des Klosterbetriebs ist und bleibt bis in das SpÄtmittelalter jedoch unangefochten das Latein! Althochdeutsch als H I L F S M I T T E L Glaubenspraktische Basistexte Vokabularien (WÆrterbÝcher) bilinguale Texte (Klosterregeln; spÄter auch Schultexte) Recht/Verwaltung (Markbeschreibungen, Urbare, Urkunden, Rechte) Scherze, ZaubersprÝche, AlltÄgliches
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